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Matthäus Schiner

Fürstbischof von Sitten, Kardinal, bedeutender Kirchenfürst des frühen 16. Jahrhunderts, * um 1465 in Mühlebach (bei Ernen, Kanton Wallis) als Sohn des Bauern und Zimmermanns Peter S. und der Katharina Zmitweg, + 1. Oktober 1522 in Rom. -

SCHINER, Matthäus,

Fürstbischof von Sitten, Kardinal, bedeutender Kirchenfürst des frühen 16. Jahrhunderts, * um 1465 in Mühlebach (bei Ernen, Kanton Wallis) als Sohn des Bauern und Zimmermanns Peter S. und der Katharina Zmitweg, + 1. Oktober 1522 in Rom. -

S. empfing nach Studien an der Domschule in Sitten und in Como am 21. April 1489 die Priesterweihe in Rom. Sprachgewandt, von großer Beredsamkeit und außergewöhlicher politischer Begabung wurde er nach seiner Rückkehr in die Heimat zunächst Kaplan und Pfarrer (1496) von Ernen sowie Sekretär (1492) des Volksführers Jörg auf der Flüe (Georg Supersaxo; um 1450-1529), seines Protektors und späteren politischen Gegners. S. beteiligte sich an der Absetzung des Sittener Fürstbischofs Jost von Silenen Matthäus Schiner(1482-1496), der im Wallis als Sachwalter Frankreichs auftrat, und engagierte sich im Kampf gegen die Ansprüche des Hauses Savoyen auf das Unterwallis. Seit 1497 Domherr und Domdekan wurde er 1499 durch päpstliche Ernennung Fürstbischof von Sitten (Konsekration am 13. Oktober 1499). Als Territorialherr des Paßlandes Wallis, das durch die Italienpolitik Frankreichs (in Wettstreit mit dem Haus Habsburg-Burgund) das Interesse der europäischen Mächte auf sich lenkte, erlangte der Fürstbischof eine Schlüsselstellung in der politischen Konstellation jener Zeit und griff als geschickter Diplomat und Heerführer selbstbewußt in die europäische Politik ein. Als Mittelsmann Papst Julius' II. (1503-1513) und Gegner Frankreichs erreichte S. 1510 den Abschluß eines fünfjährigen Bündnisses zwischen dem Papst und den zwölf eidgenössischen Orten sowie den Zugewandten St. Gallen, Appenzell und Wallis. 1511 ernannte ihn Julius II. zum Kardinal sowie zum Stiftspropst von Würzburg (1513 Resignation), 1512 auch zum Bischof von Novara (bis 1515) und zum päpstlichen Legaten. S. führte die Eidgenossen zu den Siegen über Frankreich bei Pavia (1512) und Novara (1513), wodurch die Sforzadynastie zur Wiedereinsetzung in Mailand gelangte. Die Eidgenossen verdanken S. die Angliederung Bellinzonas und des Bleniotals. Nach der Niederlage bei Marignano (1515) wurde der Kardinal Opfer der Versöhnungspolitik zwischen Papst Leo X. (1513-1521) und Frankreich. 1517 verwehrte ihm der inzwischen mit Frankreich paktierende Jörg auf der Flüe die Rückkehr in sein Bistum und zwang ihn zur Flucht. S. ließ sich in Zürich nieder, blieb aber weiterhin einflußreich. Er beförderte nicht unwesentlich die Wahl Karls V. (1519-1556; 1530 Kaiser) zum deutschen König und wurde dessen Berater. 1521 gelang ihm in kaiserlichem Auftrag die erneute Rückeroberung Mailands. Humanistischen Reformideen zugetan und von solider theologischer und philosophischer Bildung (mit Kenntnissen auch in kirchlichem und bürgerlichem Recht) pflegte S. regen Austausch mit führenden zeitgenössischen Humanisten, namentlich mit Erasmus von Rotterdam (zw. 1466/69-1536). Auch stand er in freundschaftlicher Verbindung (bis 1520) mit dem Zürcher Reformator Huldrych Zwingli (1484-1531), dessen Berufung als Leutpriester an das Großmünster in Zürich er 1518 nachhaltig unterstützt hatte. Selber überzeugt von der Reformbedürftigkeit der Kirche an Haupt und Gliedern, lehnte S. den Bruch mit Rom jedoch entschieden ab. 1521 war er deshalb auf dem Reichstag in Worms - neben und mit dem päpstlichen Legaten Aleander (1480-1542) - einer der einflußreichsten Gegner Martin Luthers (1483-1546) und Mitverfasser des Wormser Edikts. Nach dem Tod Leos X. zählte er bei der Papstwahl zu den aussichtsreichsten Kandidaten (im Konklave erhielt er im 7. Wahlgang 10 Stimmen), scheiterte aber am Widerstand der französischen Partei. S. begrüßte die Reformbemühungen Hadrians VI. (1522-1523), der am 9. Januar 1522 zum Papst gewählt worden war, starb jedoch schon wenige Monate später an der Pest. Er wurde in der Kirche Santa Maria dell'Anima in Rom beigesetzt.

Siegel Matthäus SchinersLit.: Albert Büchi (Hrsg.), Korrespondenzen und Akten zur Geschichte des Kardinals Matth. Schiner I-II (Quellen zur Schweizer Geschichte. Neue Folge. III. Abt.: Briefe und Denkwürdigkeiten 5-6), Basel 1920-1925; - Ders., Kardinal Matthäus Schiner als Staatsmann und Kirchenfürst. Ein Beitrag zur allgemeinen und schweizerischen Geschichte von der Wende des XV.-XVI. Jahrhunderts. Band I: (bis 1514) (Collectanea Friburgensia. Neue Folge 18), Zürich 1923; Band II: (1515-1522) Aus dem Nachlaß hrsg. von Emil Franz Jos. Müller (Collectanea Friburgensia. Neue Folge 23), Freiburg-Leipzig 1937; - Paul de Chastonay, Kardinal Schiner. Führer in Kirche und Staat, Luzern 1938 (frz. Übersetzung: Le cardinal Schiner, Adaption française d'André Favre, Lausanne 1942); - Gonzague de Reynold, Kardinal Matthias Schiner, in: Martin Hürlimann (Hrsg.), Große Schweizer. Hundertzehn Bildnisse zur eidgenössischen Geschichte und Kultur, Zürich 1938, 46-55; - Louis Carlen, Das Landrecht des Kardinals Schiner. Seine Stellung im Walliser Recht (Arbeiten aus dem iuristischen Seminar der Universität Freiburg Schweiz 14), Freiburg/Schweiz 1955; - Kardinal Matthäus Schiner und seine Zeit. Festschrift zum 500. Geburtstag (Blätter aus der Walliser Geschichte 14/II), Brig 1967/68; - HBLS 6 (1931) 185 f.; - RGG3 5 (1961) 1417; - LThK2 9 (1964) 404; - NCE 12 (1967) 1129 f.; - Schweizer Lexikon 5 (1993) 576 f.

Franz Xaver Bischof: in Biographis-Bibliographisches Kirchenlexikon


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